Ratgeber

Customer Journey Mapping Workshop: Den Kunden wirklich verstehen

Customer Journey Mapping Workshop: Den Kunden wirklich verstehen
Die Zahlen sprechen für sich: Laut Salesforce 2024 sagen **80% der Konsumenten**, dass das Erlebnis mit einer Marke genauso wichtig ist wie deren Produkte. Trotzdem haben nur **34% der Unternehmen** eine klare Customer-Journey-Strategie (SuperAGI 2025). Hier liegt eine massive Chance für Teams, die ...

Die Zahlen sprechen für sich: Laut Salesforce 2024 sagen 80% der Konsumenten, dass das Erlebnis mit einer Marke genauso wichtig ist wie deren Produkte. Trotzdem haben nur 34% der Unternehmen eine klare Customer-Journey-Strategie (SuperAGI 2025). Hier liegt eine massive Chance für Teams, die bereit sind, die Kundenperspektive ernst zu nehmen.

Was ist eine Customer Journey Map?

Eine Customer Journey Map ist eine visuelle Darstellung aller Interaktionen, die ein Kunde mit einem Unternehmen hat – chronologisch angeordnet und aus Kundensicht erzählt. Sie zeigt nicht nur, was passiert, sondern auch wie sich der Kunde dabei fühlt.

Die Kernelemente

ElementBeschreibungBeispiel
PhasenÜbergeordnete Etappen der JourneyAwareness, Consideration, Purchase, Retention
TouchpointsKontaktpunkte mit dem UnternehmenWebsite, Anruf, E-Mail, Store, App
AktionenWas der Kunde tutSucht, vergleicht, kauft, kontaktiert Support
EmotionenWie sich der Kunde fühltBegeistert, frustriert, verwirrt, zufrieden
Pain PointsProbleme und HindernisseLange Wartezeiten, unklare Informationen
OpportunitiesVerbesserungspotenzialeSchnellere Antworten, klarere Navigation

Journey Map vs. andere Mapping-Formate

FormatFokusWann nutzen
Customer Journey MapGesamte Kundenreise über ZeitKundenerlebnis verstehen und verbessern
Experience MapAllgemeines menschliches VerhaltenNeues Terrain erkunden, ohne spezifischen Kunden
Service BlueprintBackstage-Prozesse hinter der JourneyInterne Abläufe optimieren
Empathy MapGedanken und Gefühle eines NutzersSchnelles Nutzerverständnis im Team

Warum Journey Mapping im Workshop?

Ein Journey-Mapping-Workshop bringt Menschen zusammen, die normalerweise in Silos arbeiten – Marketing, Sales, Kundenservice, Produkt, IT. Gemeinsam entsteht ein Bild, das keine Abteilung allein zeichnen könnte.

Die Vorteile

  • Silos aufbrechen: Sales weiß, was Marketing verspricht. Support weiß, was Sales verkauft.
  • Geteiltes Verständnis: Alle sehen dieselbe Kundenrealität – nicht ihre Annahmen.
  • Pain Points identifizieren: Probleme werden sichtbar, die in Abteilungsberichten untergehen.
  • Priorisierung ermöglichen: Wo ist der größte Hebel für bessere Kundenerfahrung?
Ich habe erlebt, wie in einem Journey-Mapping-Workshop ein Telekom-Team entdeckte, dass Kunden durchschnittlich 7 Kontakte brauchten, um ein einfaches Problem zu lösen – weil keine Abteilung das Gesamtbild sah. Die Map machte es unübersehbar.

Laut Deloitte sind kundenorientierte Unternehmen 60% profitabler als solche, die es nicht sind. Journey Mapping ist ein konkreter Schritt in diese Richtung.

Workshop-Vorbereitung

Teilnehmer auswählen

Lade Menschen ein, die verschiedene Teile der Customer Journey kennen – nicht nur die, die sich für kundenzentriert halten.

Ideale Teilnehmer:

  • Marketing (Awareness, Acquisition)
  • Sales (Consideration, Purchase)
  • Kundenservice (Post-Purchase, Retention)
  • Produkt/UX (Experience insgesamt)
  • IT/Operations (technische Touchpoints)
  • Führungskraft mit Entscheidungsmacht
Gruppengröße: 6–12 Personen. Weniger verliert Perspektiven, mehr wird unhandlich.

Daten sammeln

Eine Journey Map basiert auf Daten, nicht auf Annahmen. Sammle vor dem Workshop:

  • Quantitative Daten: Analytics, Conversion Rates, Support-Ticket-Volumina, NPS-Scores
  • Qualitative Daten: Kundeninterviews, Support-Transkripte, Umfrageergebnisse
  • Internes Wissen: Was wissen Sales, Support, Marketing über Kundenprobleme?
Wichtig: Ohne echte Kundendaten wird die Map zur Fiktion. Investiere Zeit in Research vor dem Workshop.

Persona definieren

Entscheide, für welchen Kundentyp ihr die Journey mappt. Eine Map pro Persona – nicht alles in eine stopfen.

Beispiel-Personas:

  • „Neukunde, der zum ersten Mal kauft"
  • „Bestandskunde mit Support-Problem"
  • „Wechselwilliger Kunde der Konkurrenz"

Workshop-Ablauf: 3–4 Stunden

Phase 1: Einstimmung (20 Minuten)

Beginne mit der Kundenperspektive, nicht mit dem Prozess.

  • Persona vorstellen: Wer ist dieser Kunde? Was sind seine Ziele?
  • Kunden-Zitat oder Video zeigen (falls vorhanden)
  • Ziel des Workshops klären: Was wollen wir am Ende haben?

Phase 2: Phasen definieren (20 Minuten)

Legt die groben Phasen der Journey fest – typischerweise 4–7.

Klassische Phasen:

  • Awareness: Kunde wird auf Problem/Lösung aufmerksam
  • Consideration: Kunde recherchiert und vergleicht Optionen
  • Purchase: Kunde entscheidet und kauft
  • Onboarding: Kunde beginnt, das Produkt/den Service zu nutzen
  • Usage: Kunde nutzt regelmäßig
  • Retention/Advocacy: Kunde bleibt, empfiehlt weiter – oder geht
  • Die Phasen werden als Spalten auf einem großen Canvas (Whiteboard, Papierbahn, Miro) angelegt.

    Phase 3: Touchpoints sammeln (40 Minuten)

    Jeder Teilnehmer schreibt Touchpoints auf Post-its und ordnet sie den Phasen zu.

    Leitfragen:

    • Wo kommt der Kunde mit uns in Berührung?
    • Welche Kanäle nutzt er? (Web, App, Telefon, E-Mail, Store...)
    • Was sind die konkreten Interaktionen?
    Stilles Brainstorming: Erst 5 Minuten allein schreiben, dann gemeinsam clustern und diskutieren.

    Phase 4: Kundenaktionen und Emotionen (45 Minuten)

    Für jeden Touchpoint: Was tut der Kunde, und wie fühlt er sich dabei?

    Zwei Zeilen unter den Touchpoints:

    • Aktionen: „Sucht auf Google", „Ruft Hotline an", „Wartet auf Lieferung"
    • Emotionen: Begeistert ↔ Neutral ↔ Frustriert (als Kurve visualisieren)
    Hier entstehen die „Aha-Momente": Die Emotionskurve macht sichtbar, wo die Journey bricht.

    Phase 5: Pain Points identifizieren (30 Minuten)

    Wo sind die größten Probleme? Was frustriert Kunden?

    Markiere Pain Points mit roten Punkten oder Symbolen. Für jeden Pain Point:

    • Was genau ist das Problem?
    • Wie stark ist der Schmerz? (1–5)
    • Wie viele Kunden sind betroffen?

    Phase 6: Opportunities und Priorisierung (40 Minuten)

    Für jeden Pain Point: Was könnten wir tun?

    Grüne Post-its für Verbesserungsideen. Dann priorisieren:

    • Quick Wins: Geringer Aufwand, hoher Impact
    • Big Bets: Hoher Aufwand, hoher Impact
    • Later: Weniger dringend

    Phase 7: Nächste Schritte (15 Minuten)

    Was passiert nach dem Workshop?

    • Wer dokumentiert die Map?
    • Welche 3 Pain Points adressieren wir zuerst?
    • Wer ist für welche Maßnahme verantwortlich?
    • Wann treffen wir uns wieder?

    Die Journey Map visualisieren

    Grundstruktur

    
    Phasen:     Awareness → Consideration → Purchase → Onboarding → Usage → Retention
                ─────────────────────────────────────────────────────────────────────
    Touchpoints:   [...]        [...]         [...]       [...]       [...]    [...]
                ─────────────────────────────────────────────────────────────────────
    Aktionen:      [...]        [...]         [...]       [...]       [...]    [...]
                ─────────────────────────────────────────────────────────────────────
    Emotionen:     😊            😐            😞          😊          😐       😊
                ─────────────────────────────────────────────────────────────────────
    Pain Points:                              🔴                      🔴
                ─────────────────────────────────────────────────────────────────────
    Opportunities:                            💡                      💡
    

    Visualisierungsoptionen

    TiefeBeschreibungWann nutzen
    BasicPhasen, Touchpoints, EmotionenSchneller Überblick, erstes Mapping
    Standard+ Aktionen, Pain Points, OpportunitiesTypischer Workshop-Output
    Detailliert+ Kanäle, Abteilungen, Metriken, SystemeKomplexe Services, tiefe Analyse

    Häufige Fehler vermeiden

    Fehler 1: Mapping ohne Kundendaten

    Problem: Die Map spiegelt interne Annahmen, nicht Kundenrealität.

    Lösung: Vor dem Workshop echte Kundenstimmen sammeln – Interviews, Support-Transkripte, Umfragen. Mindestens 5–10 echte Kundenperspektiven einbeziehen.

    Fehler 2: Zu viele Personas in einer Map

    Problem: Die Journey wird so allgemein, dass sie niemandem hilft.

    Lösung: Eine Persona pro Map. Bei sehr unterschiedlichen Kundengruppen: mehrere Workshops, mehrere Maps.

    Fehler 3: Nur positive Touchpoints zeigen

    Problem: Niemand will die schlechten Stellen zugeben.

    Lösung: Explizit nach Pain Points fragen. Kundenzitate mit Frustration zeigen. Psychologische Sicherheit schaffen.

    Fehler 4: Map erstellen und vergessen

    Problem: Das Artefakt verstaubt nach dem Workshop.

    Lösung: Map an prominenter Stelle aufhängen. Regelmäßig (quartalsweise) revisiten. Fortschritte bei Pain Points tracken.

    Nach dem Workshop: Die Map lebendig halten

    Dokumentation

    • Map digitalisieren (Miro, Mural, Lucidchart)
    • Fotos des Workshops sichern
    • Pain Points und Opportunities in Action Items übersetzen

    Kommunikation

    • Map im Unternehmen teilen – nicht als PDF-Anhang, sondern aktiv präsentieren
    • In Team-Meetings referenzieren: „Wo in der Journey sind wir gerade?"
    • Bei neuen Projekten fragen: „Welchen Teil der Journey betrifft das?"

    Iteration

    Journey Maps sind keine einmaligen Artefakte. Aktualisiere sie:

    • Wenn sich das Produkt/der Service ändert
    • Wenn neue Kundendaten vorliegen
    • Mindestens einmal jährlich
    Laut Forrester nutzen führende Unternehmen Journey Orchestration Platforms, um Maps dynamisch mit Echtzeitdaten zu verbinden – ein Trend, der 2025 weiter wächst.

    Remote Journey Mapping

    Journey-Mapping-Workshops funktionieren auch remote – mit digitalen Whiteboards und klarer Struktur.

    Tools

    • Miro/Mural: Für das Canvas mit Phasen, Touchpoints, Emotionen
    • Zoom/Teams: Für Diskussion und Breakout-Rooms
    • Google Docs: Für begleitende Dokumentation

    Anpassungen

    • Mehr Struktur und explizitere Timeboxes
    • Stille Brainstorming-Phasen (alle schreiben gleichzeitig)
    • Voting-Funktionen für Priorisierung
    • Kürzere Sessions (max. 2 Stunden, dann Pause)

    Fallbeispiel: E-Commerce Journey Map

    Situation: Ein Online-Shop will verstehen, warum Kunden im Checkout abbrechen.

    Persona: „Carla, 35, berufstätig, kauft Mode online, wenig Zeit."

    Journey-Phasen:

  • Awareness: Sieht Instagram-Ad
  • Consideration: Besucht Website, stöbert
  • Selection: Legt Artikel in Warenkorb
  • Checkout: Beginnt Bezahlprozess
  • Post-Purchase: Wartet auf Lieferung, erhält Paket
  • Entdeckte Pain Points:

    • Checkout fragt nach Account-Erstellung (Frustration)
    • Lieferoptionen sind verwirrend
    • Keine Bestätigung nach Bestellung sichtbar
    Quick Wins:
    • Gast-Checkout ermöglichen
    • Lieferoptionen vereinfachen
    • Bestätigungs-E-Mail optimieren
    Ergebnis: Checkout-Abbruchrate sank um 23% in 3 Monaten.

    Fazit: Die Kundenbrille aufsetzen

    Customer Journey Mapping ist mehr als ein Workshop-Format – es ist eine Denkweise. Die Frage „Wie erlebt der Kunde das?" sollte jede Produktentscheidung, jeden Prozess, jede Kommunikation begleiten.

    Der Workshop ist der Katalysator: Er bringt Menschen zusammen, macht die Kundenperspektive greifbar und schafft ein gemeinsames Verständnis. Die Map selbst ist nur der Anfang. Der echte Wert entsteht, wenn Teams beginnen, ihre Arbeit durch die Kundenbrille zu sehen – dauerhaft.

    Der nächste Schritt: Sammle Kundenstimmen. Lade ein cross-funktionales Team ein. Zeichne die Journey. Die Erkenntnisse werden überraschen.


    Wie lange dauert ein Journey-Mapping-Workshop?

    Ein fokussierter Workshop dauert 3–4 Stunden. Für komplexe Journeys oder tiefe Analyse: Ein ganzer Tag oder zwei halbe Tage. Kürzer als 2 Stunden wird oberflächlich.

    Kann ich Journey Mapping ohne Kundendaten machen?

    Technisch ja, aber das Ergebnis ist dann eine „Assumed Journey Map" – was das Team glaubt, nicht was Kunden erleben. Besser: Mindestens 5–10 echte Kundenstimmen einbeziehen.

    Wie detailliert sollte die Map sein?

    Starte mit der Übersicht (Phasen, Touchpoints, Emotionen), vertiefe dann bei Bedarf. Eine zu detaillierte Map am Anfang überfordert. Lieber iterativ vertiefen.

    Wer sollte die Journey Map „besitzen"?

    Idealerweise ein CX-Team oder Product Owner, der sich für das Kundenerlebnis verantwortlich fühlt. Die Map sollte nicht in einer Abteilung verschwinden, sondern cross-funktional genutzt werden.

    Wie unterscheidet sich Journey Mapping von Service Blueprinting?

    Journey Mapping fokussiert auf das, was der Kunde erlebt (Frontstage). Service Blueprinting fügt hinzu, was hinter den Kulissen passiert (Backstage). Blueprint ist die Erweiterung der Journey Map um interne Prozesse.


    Stand: Dezember 2025

    Quellen: Salesforce – State of the Connected Customer 2024 Forrester – Customer Journey Orchestration Platforms Q2 2024 Nielsen Norman Group – Journey Mapping Resources Deloitte – Customer-Centric Organization Research