Ratgeber

OKR-Workshop: Objectives und Key Results gemeinsam definieren

OKR-Workshop: Objectives und Key Results gemeinsam definieren
Ein OKR-Workshop ist ein strukturiertes Format, in dem Teams gemeinsam ihre Ziele (Objectives) und messbaren Ergebnisse (Key Results) für einen Zyklus – meist ein Quartal – definieren. Anders als bei klassischer Top-Down-Zielsetzung entwickeln die Mitarbeitenden selbst mit, woran sie arbeiten wollen...

Ein OKR-Workshop ist ein strukturiertes Format, in dem Teams gemeinsam ihre Ziele (Objectives) und messbaren Ergebnisse (Key Results) für einen Zyklus – meist ein Quartal – definieren. Anders als bei klassischer Top-Down-Zielsetzung entwickeln die Mitarbeitenden selbst mit, woran sie arbeiten wollen. Das schafft Ownership und steigert laut Atlassian die Wahrscheinlichkeit hochwertiger Arbeit um das 6,4-Fache.


Warum Zielsetzung keine reine Führungsaufgabe ist

Die klassische Jahreszielvereinbarung zwischen Chef und Mitarbeiter hat ausgedient. Jährliche Ziele bergen das Risiko, dass Teams zwölf Monate in die falsche Richtung laufen. OKRs setzen auf kürzere Zyklen – typischerweise drei Monate – und auf kollaborative Entwicklung. Das Ergebnis: Teams, die ihre Ziele transparent teilen, halten mit 4,9-fach höherer Wahrscheinlichkeit ihre Deadlines ein.

Andy Grove entwickelte die OKR-Methode in den 1970er Jahren bei Intel, basierend auf Peter Druckers "Management by Objectives". John Doerr brachte sie später zu Google – damals ein 40-Personen-Startup, heute über 100.000 Mitarbeitende. Google führt sein Unternehmen seitdem mit OKRs.

Der entscheidende Unterschied zu klassischen Zielvereinbarungen: OKRs entstehen nicht nur von oben nach unten. Teams definieren ihre eigenen OKRs, abgeleitet von den Unternehmenszielen. Dieses "Bottom-Up meets Top-Down" schafft Alignment und Motivation gleichzeitig.


Was gute Objectives und Key Results ausmacht

Objectives: Das inspirierende Ziel

Ein Objective beantwortet die Frage: "Was wollen wir erreichen?" Es ist qualitativ, motivierend und einprägsam formuliert – fast wie eine kleine Vision. Objectives müssen nicht messbar sein, aber sie müssen auf ein Outcome fokussieren.

Kriterien für gute Objectives:

KriteriumBeschreibungBeispiel
InspirierendSpricht emotional an"Kunden lieben unseren Support"
AmbitioniertHerausfordernd, aber erreichbarNicht: "Weiter so wie bisher"
QualitativBeschreibt einen ZustandNicht: "20% mehr Umsatz"
ZeitgebundenFür einen Zyklus gültigQuartal, 4 Monate oder 2 Monate

Key Results: Die messbaren Ergebnisse

Key Results machen das Objective messbar. Sie beantworten: "Woran erkennen wir, dass wir das Ziel erreicht haben?" Ein häufiger Fehler: Key Results werden als To-Do-Listen formuliert. Stattdessen sollten sie outcome-driven sein.

Der Unterschied:

  • Falsch (Output): "10 Blogartikel schreiben"
  • Richtig (Outcome): "Organischen Traffic um 30% steigern"
Pro Objective empfehlen sich 2-4 Key Results. Mehr führt zu Fokusverlust. Wichtig: Key Results sollten direkt beeinflussbar sein – sogenannte "Lead Measures" statt "Lag Measures", deren Wirkung erst Quartale später sichtbar wird.


Der 4-Stunden-OKR-Workshop: Kompletter Ablaufplan

Dieser Ablauf eignet sich für Teams von 5-12 Personen. Bei größeren Gruppen empfehlen sich Breakout-Sessions.

Vorbereitung (1 Woche vorher)

  • Unternehmensziele oder Bereichs-OKRs an alle verteilen
  • Jeder notiert erste Ideen für Team-Objectives
  • Relevante Daten sammeln: KPIs, Kundenfeedback, Projektstatus

Phase 1: Context Setting (30 Minuten)

Der Workshop beginnt mit einer Einordnung. Welche übergeordneten Ziele gibt es? Was hat sich seit dem letzten Quartal verändert? Diese Phase schafft ein gemeinsames Verständnis.

Agenda:

  • Rückblick auf letztes Quartal (10 Min.)
  • Vorstellung der Unternehmensziele (10 Min.)
  • Markt- und Kundenentwicklungen (10 Min.)

Phase 2: Objectives entwickeln (90 Minuten)

Jetzt wird es kreativ. Das Team sammelt mögliche Objectives – zunächst ohne Bewertung.

Schritt 1: Silent Brainstorming (15 Min.) Jeder schreibt Objective-Ideen auf Post-its. Ein Objective pro Zettel. Keine Diskussion.

Schritt 2: Clustering (20 Min.) Alle Post-its an die Wand. Ähnliche Ideen gruppieren. Erste Diskussion: Was meinen wir genau?

Schritt 3: Dot Voting (10 Min.) Jeder erhält 3 Punkte und verteilt sie auf die Objectives, die den größten Impact haben.

Schritt 4: Formulierung (45 Min.) Die Top-3-Objectives werden gemeinsam ausformuliert. Achten auf: inspirierend, ambitioniert, outcome-fokussiert.

Phase 3: Key Results definieren (90 Minuten)

Für jedes Objective entstehen nun messbare Key Results.

Pro Objective (30 Min.):

  • Brainstorming: Woran erkennen wir Erfolg? (10 Min.)
  • Auswahl: Welche 2-4 Metriken sind am aussagekräftigsten? (10 Min.)
  • Quantifizierung: Welche Zielwerte sind ambitioniert, aber realistisch? (10 Min.)
  • Hilfsfragen:

    • Wenn wir das Objective erreichen, was müsste messbar anders sein?
    • Welche Frühindikatoren zeigen uns, ob wir auf Kurs sind?
    • Können wir diesen Wert direkt beeinflussen?

    Phase 4: Alignment und Commitment (30 Minuten)

    Die fertigen OKRs werden vorgestellt und final abgestimmt.

    Prüfung auf:

    • Passung zu Unternehmenszielen
    • Machbarkeit im Quartal
    • Keine Widersprüche zwischen Objectives
    • Ausgewogenheit: nicht nur "mehr", auch "besser"
    Abschluss: Jedes Teammitglied gibt ein Commitment ab. Auf einer Skala von 1-10: Wie zuversichtlich bin ich, dass wir das schaffen? Ein "Confidence Level" von 6-7 gilt als guter Wert – ambitioniert, aber realistisch.


    OKR-Beispiele aus der Praxis

    Beispiel 1: Marketing-Team

    Objective: Wir werden zur ersten Anlaufstelle für HR-Software-Wissen in der DACH-Region.

    Key Results:

    • KR1: Organischer Traffic steigt von 50.000 auf 80.000 monatliche Besucher
    • KR2: Newsletter-Abonnenten wachsen von 5.000 auf 12.000
    • KR3: 3 Gastbeiträge in relevanten Fachmedien veröffentlicht

    Beispiel 2: Produktentwicklung

    Objective: Unser Onboarding begeistert neue Nutzer vom ersten Klick an.

    Key Results:

    • KR1: Time-to-First-Value sinkt von 15 auf 5 Minuten
    • KR2: Onboarding-Completion-Rate steigt von 40% auf 70%
    • KR3: NPS neuer Nutzer (Woche 1) verbessert sich von 30 auf 50

    Beispiel 3: HR / People

    Objective: Wir schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem Talente wachsen wollen.

    Key Results:

    • KR1: Mitarbeiterzufriedenheit steigt von 7,2 auf 8,5 (Quartalspulse)
    • KR2: 80% der offenen Stellen werden innerhalb von 45 Tagen besetzt
    • KR3: Freiwillige Fluktuation sinkt von 12% auf unter 8%

    Die häufigsten Fehler im OKR-Workshop

    Fehler 1: Zu viele Objectives

    Viele Teams wollen alles auf einmal. Das Ergebnis: Fokusverlust. Die Empfehlung: 2-4 Objectives pro Team und Quartal. Qualität vor Quantität.

    Fehler 2: Key Results als To-Do-Listen

    "Projekt X abschließen" ist kein Key Result. Das wäre eine Initiative. Key Results messen Wirkung, nicht Aktivität.

    Fehler 3: 100%-Zielerreichung anstreben

    Im Innovationskontext gilt: Wer 100% erreicht, hat zu niedrig gezielt. Google betrachtet 60-70% Zielerreichung als Erfolg. OKRs sollen stretchen.

    Fehler 4: OKRs mit Boni verknüpfen

    Sobald Gehalt an OKRs hängt, werden Teams konservativ. Die Methode funktioniert besser als Lern- und Alignment-Tool, nicht als Leistungsbewertung.

    Fehler 5: Kein regelmäßiges Check-in

    Ein OKR-Workshop ist der Startpunkt, nicht das Ende. Wöchentliche 15-Minuten-Check-ins halten das Team auf Kurs. Ohne diese Routine verstauben OKRs in der Schublade.


    Nach dem Workshop: Der OKR-Zyklus

    Wöchentliches Check-in (15 Min.)

    Jede Woche prüft das Team kurz:

    • Fortschritt: Wo stehen wir bei jedem Key Result?
    • Confidence: Hat sich unsere Zuversicht verändert?
    • Blocker: Was hindert uns am Vorankommen?

    Monthly Business Review

    Einmal im Monat: Tiefere Analyse. Sind wir auf Kurs? Müssen wir nachjustieren?

    Quarterly Review und Planning

    Am Quartalsende:

  • Review: Was haben wir erreicht? Was gelernt?
  • Planning: Neuer OKR-Workshop für das nächste Quartal

  • Tools für den OKR-Workshop

    ToolStärkeFür wen
    Miro / MuralVisuelle ZusammenarbeitRemote-Teams
    NotionDokumentation & TrackingKleine Teams
    WeekdoneDedizierte OKR-SoftwareMittlere Unternehmen
    PerdooEnterprise-FeaturesGroße Organisationen
    Google SheetsKostenlos, flexibelBudget-bewusste Teams

    Für den Workshop selbst reichen Post-its und Whiteboards – physisch oder digital. Die Software wird erst für das Tracking relevant.


    OKR-Workshop als Facilitator moderieren

    Ein externer oder interner Facilitator hilft, dass alle zu Wort kommen und die Diskussion nicht von einzelnen dominiert wird.

    Tipps für Moderatoren:

  • Timeboxing einhalten: Jede Phase hat eine feste Zeit. Streng sein.
  • Silent Work vor Diskussion: Erst schreiben, dann reden – verhindert Groupthink.
  • Fragen statt Meinungen: "Was würde passieren, wenn...?" statt "Ich finde..."
  • Parking Lot: Gute Ideen, die nicht zum Thema gehören, separat notieren.
  • Visualisieren: Alles an die Wand. Was nicht sichtbar ist, wird vergessen.

  • Persönliche Erfahrung: Was ich in OKR-Workshops gelernt habe

    2023 moderierte ich einen OKR-Workshop bei einem Mittelständler. Das Team – 8 Personen aus Vertrieb und Marketing – hatte vorher nie mit OKRs gearbeitet. Die größte Überraschung: Nicht die Methodik war die Herausforderung, sondern das gemeinsame Priorisieren.

    Das Team hatte dutzende gute Ideen. Aber sich auf drei Objectives zu einigen, die wirklich zählen? Das erforderte intensive Diskussion. Am Ende sagte die Vertriebsleiterin: "Das ist das erste Mal seit Jahren, dass Marketing und Vertrieb auf das gleiche Ziel hinarbeiten."

    Genau darin liegt die eigentliche Kraft von OKRs: Sie zwingen zur Klarheit. Nicht die einzelnen Ziele sind revolutionär – sondern der Prozess, sie gemeinsam zu entwickeln.


    Wie viele Personen sollten am Workshop teilnehmen?

    Idealerweise 5-12 Personen. Bei größeren Teams: Aufteilen und später synchronisieren. Zu viele Teilnehmende führen zu endlosen Diskussionen.

    Wie oft sollte ein OKR-Workshop stattfinden?

    Quartalsweise ist der Standard. Manche Teams nutzen 4-Monats-Zyklen, andere 2-Monats-Zyklen. Wichtig: Der Rhythmus muss zur Arbeitsrealität passen.

    Brauchen wir einen externen Moderator?

    Nicht zwingend, aber hilfreich – besonders bei den ersten Workshops. Ein Externer kann neutraler priorisieren und Konflikte moderieren.

    Was ist der Unterschied zwischen OKRs und KPIs?

    KPIs messen laufende Performance (z.B. monatlicher Umsatz). OKRs beschreiben angestrebte Veränderungen (z.B. Umsatz um 20% steigern). KPIs sind Dauerbrenner, OKRs sind zeitlich begrenzt.

    Können OKRs auch für Einzelpersonen gelten?

    Ja, aber der Fokus liegt auf Team-OKRs. Persönliche OKRs ergänzen, sollten aber kein Ersatz für Teamziele sein. Laut Gallup steigern Unternehmen mit effektiven OKRs ihre Rentabilität um bis zu 21%.

    Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert im Dezember 2025.