Ratgeber

Stakeholder Mapping Workshop: Wer beeinflusst den Erfolg?

Stakeholder Mapping Workshop: Wer beeinflusst den Erfolg?
In einem Stakeholder-Mapping-Workshop identifiziert das Team alle relevanten Personen und Gruppen, bewertet deren Macht und Interesse und entwickelt maßgeschneiderte Kommunikationsstrategien. Das Ergebnis: Ein klarer Plan, wer wie eingebunden werden muss – und keine bösen Überraschungen mehr.

In einem Stakeholder-Mapping-Workshop identifiziert das Team alle relevanten Personen und Gruppen, bewertet deren Macht und Interesse und entwickelt maßgeschneiderte Kommunikationsstrategien. Das Ergebnis: Ein klarer Plan, wer wie eingebunden werden muss – und keine bösen Überraschungen mehr.

Was ist Stakeholder Mapping?

Stakeholder Mapping ist ein systematischer Prozess zur Identifikation, Kategorisierung und Priorisierung von Stakeholdern.

Definition: Wer ist ein Stakeholder?

Jede Person oder Gruppe, die:

  • Einfluss auf das Projekt/die Veränderung hat, oder
  • Betroffen ist von den Ergebnissen
Das schließt ein: Führungskräfte, Teams, Kunden, Lieferanten, Regulierer, Öffentlichkeit – je nach Kontext.

Warum Mapping wichtig ist

Problem ohne MappingLösung durch Mapping
Wichtige Stakeholder werden übersehenSystematische Identifikation aller Beteiligten
Alle werden gleich behandeltPriorisierte Engagement-Strategien
Widerstände überraschenPotenzielle Blocker früh erkannt
Ressourcen werden verschwendetFokus auf die wichtigsten Beziehungen
Kommunikation ist unsystematischKlarer Kommunikationsplan pro Gruppe

Das Power-Interest-Grid

Das Power-Interest-Grid kategorisiert Stakeholder anhand von zwei Dimensionen: Macht und Interesse.

Die zwei Dimensionen

Macht (Power):

  • Fähigkeit, das Projekt zu beeinflussen
  • Formelle Autorität (Position, Budget, Entscheidungsrecht)
  • Informelle Macht (Netzwerk, Expertise, Reputation)
Interesse (Interest):
  • Grad der Betroffenheit durch das Projekt
  • Wie sehr kümmert sich die Person um Ergebnisse?
  • Aktives Engagement oder passives Beobachten?

Die vier Quadranten


                    HOCH
         ┌─────────────────────────────────┐
         │                                 │
         │   KEEP SATISFIED    │   MANAGE  │
         │   (Zufriedenstellen) │   CLOSELY │
    M    │                     │   (Eng    │
    A    │   Hohe Macht,       │   managen)│
    C    │   niedriges         │           │
    H    │   Interesse         │   Hohe    │
    T    │                     │   Macht & │
         │                     │   Interesse│
         ├─────────────────────┼───────────┤
         │                     │           │
         │   MONITOR           │   KEEP    │
         │   (Beobachten)      │   INFORMED│
         │                     │   (Infor- │
         │   Niedrige Macht,   │   mieren) │
         │   niedriges         │           │
         │   Interesse         │   Niedrige│
         │                     │   Macht,  │
         │                     │   hohes   │
         │                     │   Interesse│
         └─────────────────────────────────┘
                    NIEDRIG ──────────────► HOCH
                           INTERESSE

Strategien pro Quadrant

QuadrantStrategieTaktik
Manage Closely (hohe Macht, hohes Interesse)Eng einbindenRegelmäßige Meetings, in Entscheidungen einbeziehen, proaktive Kommunikation
Keep Satisfied (hohe Macht, niedriges Interesse)ZufriedenstellenHigh-Level-Updates, nur bei wichtigen Meilensteinen involvieren
Keep Informed (niedrige Macht, hohes Interesse)InformierenNewsletter, Briefings, Feedback-Möglichkeiten
Monitor (niedrige Macht, niedriges Interesse)BeobachtenMinimaler Aufwand, bei Bedarf einbeziehen

Workshop-Ablauf: 2–3 Stunden

Vorbereitung

Teilnehmer:

  • Projektteam
  • Change Manager
  • Vertreter betroffener Bereiche
  • Optional: Sponsor, HR
Materialien:
  • Großes Power-Interest-Grid (Poster/Whiteboard)
  • Sticky Notes mit Namen/Rollen
  • Oder: Digitales Tool (Miro, Mural)

Phase 1: Stakeholder identifizieren (30 Minuten)

Alle relevanten Personen und Gruppen sammeln.

Brainstorming-Fragen:

  • Wer ist direkt betroffen von der Veränderung?
  • Wer muss Ressourcen bereitstellen?
  • Wer kann das Projekt blockieren?
  • Wer hat formelle Entscheidungsgewalt?
  • Wer hat informellen Einfluss?
  • Wer repräsentiert betroffene Gruppen?
  • Welche externen Stakeholder gibt es?
Kategorien als Denkanstoß:
  • Führungskräfte und Sponsoren
  • Direkt betroffene Teams
  • Unterstützende Funktionen (HR, IT, Finance)
  • Kunden (intern/extern)
  • Lieferanten und Partner
  • Regulierer und Compliance
  • Betriebsrat/Arbeitnehmervertretung
Ergebnis: Liste aller identifizierten Stakeholder auf Sticky Notes

Phase 2: Macht bewerten (20 Minuten)

Für jeden Stakeholder: Wie hoch ist die Macht?

Bewertungskriterien:

  • Formelle Position und Autorität
  • Budgetkontrolle
  • Entscheidungsrechte
  • Expertise und Fachwissen
  • Netzwerk und Beziehungen
  • Zugang zu Ressourcen
Skala: Niedrig – Mittel – Hoch

Methode: Gruppe diskutiert jeden Stakeholder, Konsens finden oder Mehrheitsentscheidung

Phase 3: Interesse bewerten (20 Minuten)

Für jeden Stakeholder: Wie hoch ist das Interesse?

Bewertungskriterien:

  • Grad der direkten Betroffenheit
  • Historisches Engagement bei ähnlichen Themen
  • Äußerungen und Signale
  • Potenzielle Gewinne oder Verluste durch die Veränderung
Skala: Niedrig – Mittel – Hoch

Wichtig: Interesse kann positiv (unterstützend) oder negativ (widerstrebend) sein. Beides zählt als „hohes Interesse".

Phase 4: Auf dem Grid platzieren (15 Minuten)

Stakeholder in die Quadranten einordnen.

  • Sticky Notes auf dem Grid positionieren
  • Diskussion bei unklaren Fällen
  • Wichtig: Platzieren, wo sie SIND, nicht wo wir sie haben wollen
Tipp: Bei vielen Stakeholdern können Cluster entstehen. Das ist normal und hilfreich.

Phase 5: Einstellung bewerten (15 Minuten)

Zusätzliche Dimension: Für oder gegen die Veränderung?

Für jeden Stakeholder:

  • Supporter (+): Unterstützt aktiv
  • Neutral (o): Weder dafür noch dagegen
  • Skeptiker (–): Kritisch oder widerständig
Visualisierung: Farbige Markierung auf Sticky Notes (Grün/Gelb/Rot)

Phase 6: Engagement-Strategien entwickeln (30 Minuten)

Für jeden Quadranten: Was tun wir konkret?

Manage Closely (Key Players):

  • Wer genau? Wie oft treffen wir uns?
  • Welche Information brauchen sie?
  • Wie binden wir sie in Entscheidungen ein?
  • Wer aus dem Projektteam ist verantwortlich?
Keep Satisfied:
  • Welche High-Level-Updates brauchen sie?
  • Bei welchen Meilensteinen informieren?
  • Wie sichern wir ihre Unterstützung?
Keep Informed:
  • Welche Kommunikationskanäle nutzen wir?
  • Wie sammeln wir ihr Feedback?
  • Wie machen wir sie zu Botschaftern?
Monitor:
  • Wie behalten wir sie im Blick?
  • Bei welchen Änderungen müssen wir reagieren?

Phase 7: Kommunikationsplan erstellen (20 Minuten)

Konkrete Maßnahmen pro Stakeholder-Gruppe.

GruppeKanalFrequenzVerantwortlichKey Messages
BeispielBeispielBeispielBeispielBeispiel

Phase 8: Review und nächste Schritte (10 Minuten)

Ergebnisse sichern und Ownership klären.

  • Grid fotografieren/dokumentieren
  • Nächste Aktionen definieren
  • Review-Termin vereinbaren (Stakeholder-Positionen ändern sich!)

Alternative Mapping-Modelle

Influence/Impact Matrix

Fokus auf Wirkungsbeziehungen.

DimensionBeschreibung
InfluenceWie stark kann der Stakeholder die Umsetzung beeinflussen?
ImpactWie stark wird der Stakeholder von der Veränderung betroffen?

Anwendung: Besonders nützlich bei komplexen organisatorischen Strukturen.

Salience Model (Mitchell, Agle & Wood)

Drei Dimensionen statt zwei.

  • Power: Fähigkeit, Ergebnisse zu beeinflussen
  • Legitimacy: Angemessenheit der Beziehung zum Projekt
  • Urgency: Dringlichkeit der Stakeholder-Ansprüche
Anwendung: Für differenziertere Analyse bei vielen Stakeholdern.

Stakeholder Onion Diagram

Konzentrische Kreise nach Nähe zum Projekt.

  • Kern: Projektteam
  • Ring 1: Direkter Einfluss
  • Ring 2: Indirekter Einfluss
  • Äußerer Ring: Weiterer Kontext
Anwendung: Visualisierung der organisatorischen Distanz.

Umgang mit kritischen Stakeholdern

Skeptiker und Widerstände

Stakeholder mit hoher Macht und negativer Einstellung sind kritisch.

Strategien:

  • Verstehen: Was genau ist der Widerstand? Angst, Machtverlust, sachliche Einwände?
  • Dialog: Einzelgespräche, um Bedenken zu hören
  • Einbinden: In Entscheidungen involvieren, Ownership geben
  • Adressieren: Konkrete Maßnahmen gegen berechtigte Bedenken
  • Eskalieren: Bei Blockade über Sponsor adressieren
  • Supporter aktivieren

    Stakeholder mit hohem Interesse und positiver Einstellung sind Verbündete.

    • Als Change Champions nutzen
    • In Kommunikation einbinden
    • Als Fürsprecher bei Skeptikern einsetzen
    • Erfolge über sie verbreiten

    Dynamische Stakeholder-Analyse

    Stakeholder-Positionen ändern sich im Projektverlauf.

    Trigger für Veränderungen

    • Neue Informationen über Projekt-Impact
    • Organisatorische Veränderungen (neue Rollen, Umstrukturierung)
    • Projekterfolge oder -rückschläge
    • Externe Faktoren (Markt, Regulierung)
    • Persönliche Veränderungen (neuer Job, Beförderung)

    Review-Rhythmus

    ProjektphaseReview-Frequenz
    InitiierungBei jeder größeren Änderung
    PlanungAlle 2–4 Wochen
    UmsetzungMonatlich
    AbschlussBei Bedarf

    Remote Stakeholder Mapping

    Mit digitalen Tools funktioniert das Mapping auch verteilt.

    Empfohlene Tools

    • Miro: Vorgefertigte Stakeholder-Mapping-Templates
    • Mural: Kollaborative Whiteboards
    • Excel/Sheets: Für strukturierte Listen mit Scoring

    Tipps für Remote

    • Vorbereitung: Stakeholder-Liste vorab erstellen
    • Breakout-Rooms: Kleingruppen für Bewertung
    • Dot-Voting: Für Konsens bei Einstufung
    • Timer: Klare Zeitboxen

    Integration mit anderen Change-Tools

    Change Canvas

    Das Stakeholder-Feld im Change Canvas wird durch das Mapping detailliert ausgefüllt.

    Kraft-Feld-Analyse

    Stakeholder mit hoher Macht und negativer Einstellung sind Restraining Forces. Supporter sind Driving Forces.

    Kommunikationsplan

    Das Mapping liefert die Basis für den detaillierten Kommunikationsplan.

    Häufige Fehler vermeiden

    Fehler 1: Stakeholder vergessen

    Problem: Wichtige Personen werden übersehen.

    Lösung: Systematisch durch Kategorien gehen. Verschiedene Perspektiven einbeziehen.

    Fehler 2: Wunschdenken

    Problem: Stakeholder werden dort platziert, wo wir sie haben wollen – nicht wo sie sind.

    Lösung: Ehrliche Bewertung. Evidenz suchen (Verhalten, Aussagen).

    Fehler 3: Einmalige Übung

    Problem: Das Mapping wird einmal gemacht und nie aktualisiert.

    Lösung: Regelmäßige Reviews einplanen. Positionen ändern sich.

    Fehler 4: Alle gleich behandeln

    Problem: Trotz Mapping wird mit allen gleich kommuniziert.

    Lösung: Strategien tatsächlich umsetzen. Differenzierte Ansprache.

    Fazit: Beziehungen managen, nicht nur Aufgaben

    Projekte scheitern selten an der Technik – sie scheitern an den Menschen. Stakeholder Mapping macht die unsichtbare Landschaft der Beziehungen, Interessen und Machtverhältnisse sichtbar. Mit diesem Wissen kann das Team gezielt investieren: Zeit und Energie dort, wo sie den größten Impact haben.

    Der Workshop ist der erste Schritt. Die eigentliche Arbeit ist die kontinuierliche Pflege der Stakeholder-Beziehungen auf Basis des Mappings.

    Der nächste Schritt: Nimm dein aktuelles Projekt. Liste alle Stakeholder auf. Platziere sie auf dem Grid. Du wirst überrascht sein, was sichtbar wird.


    Wie viele Stakeholder sind zu viel?

    Es gibt keine feste Grenze, aber bei mehr als 30 wird es unübersichtlich. Dann: Gruppieren und Vertreter identifizieren.

    Was, wenn ich die Macht/das Interesse nicht einschätzen kann?

    Das ist wertvolle Information: Du hast eine Wissenslücke. Plane Gespräche, um mehr zu erfahren.

    Sollte ich das Mapping mit Stakeholdern teilen?

    In der Regel nein – es ist ein internes Planungstool. Aber die daraus abgeleiteten Aktionen (Meetings, Updates) natürlich schon.

    Wie gehe ich mit Stakeholdern um, die im falschen Quadranten sind?

    Du kannst versuchen, Interesse zu wecken (informieren, einbinden) oder Macht zu erhöhen (Champions gewinnen). Aber akzeptiere auch: Manche Positionen sind fix.

    Wie oft sollte ich das Mapping aktualisieren?

    Bei größeren Projekten: alle 4–6 Wochen. Bei schnellen Veränderungen: häufiger. Immer wenn sich Schlüsselpersonen oder Rahmenbedingungen ändern.


    Stand: Dezember 2025

    Quellen: Colin Eden & Fran Ackermann – Making Strategy: The Journey of Strategic Management Aubrey Mendelow – Stakeholder Mapping PMBOK Guide – Stakeholder Management Six Sigma – Stakeholder Analysis Best Practices